1. Zusammenfassung
Schon dieses Jahr sollen 50 Stellen bei der Landeshauptstadt Kiel abgebaut werden, bis 2028 insgesamt 350 Stellen. Dezernent Christian Zierau spricht von einer Trendwende. Ver.di sagt: Der Personalabbau geht genau in die falsche Richtung. Er wird schwere Folgen für die Beschäftigten der Landeshauptstadt Kiel und für die Kieler Stadtbevölkerung haben. Die Ver.di Kiel-Plön appelliert an die Mitglieder der Ratsversammlung, dem Stellenplan 2025 in seiner jetzigen Form nicht zuzustimmen.
Kolleginnen und Kollegen von der Landeshauptstadt Kiel sowie ver.di-Gewerkschaftssekretärin Berenike Stehmann werden die Vorberatung des Antrags durch den Ausschuss für Finanzen, Inneres und Gleichstellung am Dienstag, den 8. Oktober 2024 besuchen und stehen vor und nach der Veranstaltung für Rückfragen bereit.
2. Kontext
Im Juli diesen Jahres wurden vom Kieler Rat Sparmaßnahmen für die Landeshauptstadt Kiel beschlossen, nachdem die Kommunalaufsicht des Innenministeriums den Haushalt der Stadt kritisiert hatte. Auch das Personal der Landeshauptstadt ist betroffen: Schon dieses Jahr sollen 50 Stellen abgebaut werden, bis 2028 insgesamt 350 Stellen.
„Der Personalabbau geht in die falsche Richtung. In vielen Bereichen bei der Stadt Kiel ist die Belastung durch steigende Anforderungen, Arbeitsverdichtung und unbesetzte Stellen jetzt schon sehr hoch. Was es braucht, ist mehr, nicht weniger Personal. Der Stellenabbau wird schwere
Folgen für das Personal und für die Kieler Stadtbevölkerung haben.“ sagt Berenike Stehmann, Gewerkschaftssekretärin ver.di Kiel-Plön
3. Hintergrundinformationen zum Entwurf des Stellenplans 2025
Dezernent Zierau beschwichtigt, dass vor allem altersbedingte Abgänge nicht nachbesetzt werden sollen und dass Digitalisierung die Arbeitslast reduzieren würde. Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) fügt hinzu, die Arbeit müsse anders organisiert und priorisiert werden.
In vielen Ämtern der Landeshauptstadt ist die Personaldecke bereits jetzt viel zu dünn. Personaleinsparungen, die in den Nuller-Jahren erfolgten, wurden nie vollständig ausgeglichen. Gleichzeitig sind die Anforderungen und die Aufgabenlast für viele Bereiche enorm gestiegen. Viele der Ämter haben in den Verhandlungen für den Stellenplan 2025 deswegen einen Personalaufwuchs beantragt. Zwar werden 2025 auch rund 50 Stellen aufgebaut, z.B. im Bereich Kernaufgaben, Stadtbahn oder Holsteinstadion. Aber das darf nicht zu Lasten anderer essenzieller Bereiche gehen.
Entgegen der Aussagen von Dezernent Zierau betrifft der Stellenabbau dem aktuellen Stellenplan nach nicht nur unbesetzte Stellen oder Altersabgänge, sondern auch Stellen, die besetzt sind. Würde der Plan so umgesetzt wie veröffentlicht und den Kieler Ratsmitgliedern zur Verfügung gestellt, hätte dies akute und kurzfristige Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit mancher Ämter und damit auf kritische Teile der öffentlichen Daseinsvorsorge in Kiel.
So wird zum Beispiel bei der Feuerwehr oder im Amt für Wohnen und Grundsicherung Personal abgebaut, obwohl gerade in diesen Ämtern der Bedarf an zusätzlichem Personal groß ist.
Es stellen sich daher für die Ämter und Beschäftigten noch viele Fragen.
„Es muss in die Gewinnung von neuem Personal investiert werden, um Stellen nachzubesetzen zu können. Außerdem müssen die Beschäftigten der Landeshauptstadt Kiel durch gute Arbeitsbedingungen gehalten werden. Wenn Personalabbau ohne Aufgabenkritik erfolgt, muss die Arbeit durch die übriggebliebenen Beschäftigten aufgefangen werden. Dies führt zu einer Überlastung der Kolleginnen und Kollegen und in der Konsequenz zu Erkrankungen und Arbeitsunfähigkeit. Dies ist eine
höchstgefährliche Abwärtsspirale und das Gegenteil von guten Arbeitsbedingungen“, so Berenike Stehmann, ver.di Kiel-Plön.
4. Derzeitige Belastungslage bei der Stadt Kiel
In folgenden Ämtern wird 2025 am meisten Personal abgebaut1:
- Amt 01 Personal- und Organisationsamt: - 17
- Amt 13 Feuerwehr: - 17
- Amt 60 Immobilienwirtschaft: - 11,10
- Amt 55 für Wohnen und Grundsicherung: - 8,5
- Amt 56 Kinder- und Jugendeinrichtungen: - 4,52
- Amt 54 Jugendamt: -2,95
- Amt 66 Tiefbauamt: - 6
- Amt 67 Grünflächenamt: - 5
In vielen Ämtern der Landeshauptstadt Kiel müssen von den Beschäftigten jetzt schon viele Überstunden geleistet werden. Die Krankheitsquoten sind hoch. Aus fast allen Bereichen kommen sog. Überlastanzeigen von Beschäftigten. Unbesetzte Stellen, die es in allen Ämtern gibt, z.T. im hohen Ausmaß, führen dazu, dass Beschäftigte die Arbeit mitübernehmen. In vielen Bereichen der Landeshauptstadt Kiel und im öffentlichen Dienst arbeiten die Beschäftigten am Limit.
5. Derzeitige Belastungslage im öffentlichen Dienst
Die hohe Belastung in vielen Bereichen der LH Kiel ist typisch für den öffentlichen Dienst. Auch die Ergebnisse einer deutschlandweit durchgeführten ver.di-Studie unter Beschäftigten im öffentlichen Dienst, mit fast 300.000 Teilnehmenden, bestätigen eine hohe Belastung über alle Bereiche des öD hinweg.
1 Netto-Zahlen, neue Stellen eingerechnet – Quelle: Stellenplan 2025 vom 30.09.24
62,5% der Befragten sagen aus, dass es bei ihnen im unmittelbaren Arbeitsbereich unbesetzte Stellen gibt. Von diesen sagen wiederum 63,9%, dass gleich mehrere Stellen nicht besetzt sind.
84% der Befragten gaben an, dass sie die durch die unbesetzten Stellen anfallende Arbeit auffangen müssen, was nach Angabe der Befragten zu deutlichen Qualitätseinbußen und einer höheren Belastung führt.
56% aller Befragten sagen, dass sie die Arbeit unter den jetzigen Umständen nicht bis zur Rente einschränkungsfrei ausüben können.
Das sagen auch die Befragten, die zur Altersgruppe 18-34 Jahre gehören.
In manchen Teilbereichen des öffentlichen Dienstes ist die Belastung extrem. Im Rettungsdienst sagen 86,1% der Befragten, dass sie nicht bis zur Rente einschränkungsfrei arbeiten können, in der Kinder- und Jugendhilfe 79,6%.
Quelle: ver.di Arbeitszeitbefragung Mai 2024, öD Handout Arbeitszeitbefragung.pdf (verdi.de)
Für weitere Informationen steht Ihnen ver.di-Gewerkschaftssekretärin Berenike Stehmann unter der Mobilnummer 0151- 72882236 gerne zur Verfügung.